DGUV Vorschrift 1 - Grundsätze der Prävention
§ 13 Pflichtenübertragung
Der Unternehmer kann zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich damit beauftragen, ihm nach Unfallverhütungsvorschriften obliegende Aufgaben in eigener Verantwortung wahrzunehmen. Die Beauftragung muss den Verantwortungsbereich und Befugnisse festlegen und ist vom Beauftragten zu unterzeichnen. Eine Ausfertigung der Beauftragung ist ihm auszuhändigen.
Die Pflichtenübertragung ist ein Instrument des Unternehmers zur Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes. Durch sie werden Aufgaben, Pflichten, Befugnisse und Verantwortlichkeiten des Arbeitsschutzes auf Personen übertragen, die diese dann in eigener Verantwortung in ihrem Zuständigkeitsbereich und im Rahmen ihrer Befugnisse wahrnehmen. Mit der Pflichtenübertragung kann der Unternehmer einen wesentlichen Teil seiner ihm obliegenden Organisationspflichten erfüllen.
Führungskräfte übernehmen bereits aufgrund ihrer Stellung im Betrieb und im Rahmen ihres jeweiligen Zuständigkeitsbereichs Verantwortung für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 5 i.V.m. Abs. 2 ArbSchG; § 9 Abs. 2 OWiG; § 14 Abs. 2 StGB). Eine gesonderte Übertragung der mit der Stellung ohnehin verbundenen Pflichten ist daher nicht erforderlich, kann aber zur Klarstellung der Aufgaben und Pflichten beitragen. Eine gesonderte Übertragung ist nur für solche Unternehmerpflichten erforderlich, die über die diesen Personen ohnehin obliegenden Pflichten hinausgehen.
Der Unternehmer hat vor der Beauftragung zu prüfen, ob die für die Pflichtenübertragung vorgesehenen Personen zuverlässig und fachkundig sind.
Zuverlässigkeit und Fachkunde
Zuverlässig sind die für die Pflichtenübertragung vorgesehen Personen, wenn zu erwarten ist, dass diese die Aufgaben des Arbeitsschutzes mit der gebotenen Sorgfalt ausführen. Fachkundig sind die für die Pflichtenübertragung vorgesehenen Personen, die das einschlägige Fachwissen und die praktische Erfahrung aufweisen, um die ihnen obliegenden Aufgaben sachgerecht auszuführen.
Form und Inhalt der Pflichtenübertragung
Die Pflichtenübertragung bedarf der Schriftform (siehe z. B. nachstehendes Muster für die Übertragung von Unternehmerpflichten); sie ist den vorgesehenen Aufgaben der verpflichteten Person so anzupassen, dass die Aufgabenverteilung konkret nachvollziehbar wird. Die beauftragte Person bestätigt mit der Unterschrift die Kenntnis und das Verständnis der übertragenen Aufgaben und Befugnisse.
Die Pflichtenübertragung muss so erfolgen, dass sie sich mit den aus dem Arbeitsvertrag ergebenden Pflichten vereinbaren lässt. Die Zustimmung der verpflichteten Person ist nur erforderlich, sofern der bisherige Rahmen des Arbeitsvertrages überschritten wird. In diesem Fall ist eine Zusatzvereinbarung oder eine Änderung des Arbeitsvertrags erforderlich. Durch die schriftliche Fixierung kann der Unternehmer im Zweifel beweisen, dass die Aufgaben übertragen wurden und die beauftragte Person ordnungsgemäß bestellt ist.
Inhaltlich verlangt die Pflichtenübertragung, dass
- die übertragenen Unternehmerpflichten hinreichend genau nach Art und Um- fang umschrieben sind,
- der beauftragten Person die erforderlichen Handlungs- und Entscheidungskompetenzen (insbesondere organisatorischer, personeller und finanzieller Art) sowie die notwendigen Weisungsbefugnisse eingeräumt werden, um selbständig handeln zu können,
- die beauftragte Person den Anspruch hat, sich zu den ihr übertragenen Aufgaben fortzubilden und fachlich auf aktuellem Stand zu halten,
- die Reichweite der Pflichtenübertragung klargestellt ist (z. B. überwachen oder selbst erledigen),
- die Zuständigkeitsbereiche (z. B. eigene Abteilung oder gesamter Betrieb) sowie die Schnittstellen zu benachbarten Verantwortungsbereichen eindeutig festgelegt sind,
- die Zusammenarbeit mit anderen Verpflichteten geregelt ist und
- die Aufgabenverteilungen und Arbeitsabläufe festgelegt und klar beschrieben sind (z. B. im Arbeitsschutzhandbuch beschrieben oder in Dienstanweisung festgelegt).
Auswirkungen der Pflichtenübertragung
Durch die Pflichtenübertragung übernimmt die beauftragte Person im festgelegten Umfang die Pflichten des Unternehmers zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren. Sie nimmt im Rahmen der Beauftragung die Rechtsstellung des Unternehmers im Betrieb mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten ein. Insoweit ist die beauftragte Person selbst für die Durchführung der erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen verantwortlich.
Der Unternehmer wird durch die Pflichtenübertragung nicht von allen Pflichten befreit. Er bleibt verantwortlich für die Aufsicht und Kontrolle und hat dafür zu sorgen, dass die übertragenen unternehmerischen Pflichten auch tatsächlich umgesetzt werden. Der Unternehmer hat zumindest stichprobenartig zu prüfen oder prüfen zu lassen, ob die übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt wer- den. Die oberste Auswahl-, Organisations- und Kontrollverpflichtung des Unternehmers ist nicht übertragbar.
Muster für die Übertragung von Unternehmerpflichten (Link: gda-orgacheck)