DGUV Vorschrift 1 - Grundsätze der Prävention

§ 20 Bestellung und Aufgaben von Sicherheitsbeauftragten

§ 20 (1)

In Unternehmen mit regelmäßig mehr als 20 Beschäftigten hat der Unternehmer unter Berücksichtigung der im Unternehmen bestehenden Verhältnisse hinsichtlich der Arbeitsbedingungen, der Arbeitsumgebung sowie der Arbeitsorganisation Sicherheitsbeauftragte in der erforderlichen Anzahl zu bestellen. Kriterien für die Anzahl der Sicherheitsbeauftragten sind:

  • Im Unternehmen bestehende Unfall- und Gesundheitsgefahren
  • Räumliche Nähe der zuständigen Sicherheitsbeauftragten zu den Beschäftigten
  • Zeitliche Nähe der zuständigen Sicherheitsbeauftragten zu den Beschäftigten
  • Fachliche Nähe der zuständigen Sicherheitsbeauftragten zu den Beschäftigten
  • Anzahl der Beschäftigten

Im Unternehmen bestehende Unfall- und Gesundheitsgefahren

Die im Unternehmen bestehenden Unfall- und Gesundheitsgefahren ergeben sich aus der entsprechend § 5 Arbeitsschutzgesetz vorzunehmenden Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung.

Räumliche Nähe der zuständigen Sicherheitsbeauftragten zu den Beschäftigten

Grundsätzlich ist die räumliche Nähe der Sicherheitsbeauftragten zu den Beschäftigten erforderlich. Sie ist gegeben, wenn Sicherheitsbeauftragte am gleichen Unternehmensstandort im gleichen Arbeitsbereich wie die Beschäftigten tätig sind. Tätigkeiten in unterschiedlichen Gebäuden deuten auf fehlende räumliche Nähe hin.

Zeitliche Nähe der zuständigen Sicherheitsbeauftragten zu den Beschäftigten

Die Unterstützung des Unternehmers durch die Sicherheitsbeauftragten setzt voraus, dass die in den jeweiligen Arbeitsbereichen zuständigen Sicherheitsbeauftragten zur selben Arbeitszeit wie die sonstigen Beschäftigten, z. B. in der gleichen Arbeitsschicht, tätig sind.

Fachliche Nähe der zuständigen Sicherheitsbeauftragten zu den Beschäftigten

Ein wirksames Tätigwerden der Sicherheitsbeauftragten in ihrem Zuständigkeitsbereich setzt ihre fachliche Nähe zum Arbeitsbereich der Beschäftigten voraus. Die notwendige fachliche Nähe ist z. B. gegeben, wenn die Sicherheitsbeauftragten und die Beschäftigten dauerhaft gleiche oder ähnliche Tätigkeiten ausüben. Zur fachlichen Nähe für die Sicherheitsbeauftragten gehört auch die Kenntnis der Mitarbeiterstruktur im Zuständigkeitsbereich, insbesondere im Hinblick auf Qualifizierung und Sprache.

Für die fachliche Nähe sind Kenntnisse der Sicherheitsbeauftragten im Arbeitsschutz bezogen auf den Zuständigkeitsbereich, wie z. B. über die Gefährdungsbeurteilung, wichtig.

Anzahl der Beschäftigten

Eine angemessene Anzahl der Sicherheitsbeauftragten orientiert sich z. B. auch daran, dass die Sicherheitsbeauftragten die in ihrem Zuständigkeitsbereich tätigen Beschäftigten persönlich kennen.

Die Mindestanzahl der zu bestellenden Sicherheitsbeauftragten legt der Unternehmer auf der Grundlage der oben genannten Kriterien betriebsbezogen fest. Konkretisierende Empfehlungen für die Anzahl der Sicherheitsbeauftragten können durch den zuständigen Unfallversicherungsträger erfolgen.

Bei der Festlegung der Anzahl der Sicherheitsbeauftragten werden die Leiharbeitnehmenden wie eigene Beschäftigte berücksichtigt.

Bei der Bestellung von Sicherheitsbeauftragten für den inneren Schulbereich sind länderspezifische Regelungen zu berücksichtigen.

Muster für die Bestellung eines Sicherheitsbeauftragten (Word)

§ 20 (2)

Die Sicherheitsbeauftragten haben den Unternehmer bei der Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten zu unterstützen, insbesondere sich von dem Vorhandensein und der ordnungsgemäßen Benutzung der vorgeschriebenen Schutzeinrichtungen und persönlichen Schutzausrüstungen zu überzeugen und auf Unfall- und Gesundheitsgefahren für die Versicherten aufmerksam zu machen.

Sicherheitsbeauftragte üben ihre Aufgabe im Betrieb nicht hauptamtlich, sondern ehrenamtlich neben ihrer eigentlichen Aufgabe aus. Entgegen den anderen Beauftragten im Betrieb, z. B. Strahlenschutzbeauftragte, Umweltschutzbeauftragte, tragen Sicherheitsbeauftragte nicht mehr Verantwortung im Arbeitsschutz als andere Beschäftigte. Sie unterstützen lediglich die im Betrieb für den Arbeitsschutz verantwortlichen Personen nach dem Motto: „Vier Augen sehen mehr als zwei“. Sicherheitsbeauftragte übernehmen keine Unternehmerpflichten und können aus ihrer Funktion heraus keine Weisungen erteilen oder Aufsicht führen.

Personen mit Führungsverantwortung, z. B. Meister, Vorarbeiter, Gruppenleiter, sollten nicht zu Sicherheitsbeauftragten bestellt werden. Durch die Auswahl von Personen ohne Weisungsbefugnis wird deren Unabhängigkeit gewährleistet.

§ 20 (3)

Der Unternehmer hat den Sicherheitsbeauftragten Gelegenheit zu geben, ihre Aufgaben zu erfüllen, insbesondere in ihrem Bereich an den Betriebsbesichtigungen sowie den Untersuchungen von Unfällen und Berufskrankheiten durch die Aufsichtspersonen des Unfallversicherungsträgers teilzunehmen; den Sicherheitsbeauftragten sind die hierbei erzielten Ergebnisse zur Kenntnis zu geben.

Der Unternehmer hat den Sicherheitsbeauftragten für ihre Tätigkeit, abhängig von den betrieblichen Verhältnissen, ausreichend Zeit zur Verfügung zu stellen, ihre ihnen übertragenen Aufgaben während der Arbeitszeit zu erfüllen. Zu diesen Aufgaben zählen insbesondere die Möglichkeit der Teilnahme an Betriebsbegehungen durch Aufsichtspersonen der Unfallversicherungsträger, Aufsichtsbeamten und Aufsichtsbeamtinnen der staatlichen Aufsicht oder der Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte bzw. Betriebsärztinnen. Die Ergebnisse dieser Begehungen sind den Sicherheitsbeauftragten zur Kenntnis zu geben, damit sie gegebenenfalls die Beseitigung von Mängeln bzw. die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verbesserung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes beobachten können.

§ 20 (4)

Der Unternehmer hat sicherzustellen, dass die Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte mit den Sicherheitsbeauftragten eng zusammenwirken.

Sicherheitsbeauftragte sollen mit Fachkräften für Arbeitssicherheit und den Betriebsärzten bzw. Betriebsärztinnen zusammenarbeiten. Die Gestaltung dieser Zusammenarbeit kann je nach Größe des Betriebes, nach Komplexität der Organisationsstrukturen und nach Gefahrenpotenzialen im Betrieb unterschiedlich er- folgen. Denkbar sind regelmäßige Veranstaltungen zum gegenseitigen Informationsaustausch, die Mitarbeit bei der Auswahl von geeigneten persönlichen Schutzausrüstungen oder die Mitarbeit bei Unfalluntersuchungen.

Außerdem nehmen Sicherheitsbeauftragte an den vierteljährlich durchzuführenden Sitzungen des Arbeitsschutzausschusses (ASA) teil. In größeren Unternehmen ist die Zahl der Sicherheitsbeauftragten meist so groß, dass nicht alle an der Sitzung des ASA teilnehmen können. In der Praxis haben sich hier verschiedene Möglichkeiten der Begrenzung bewährt:

  • Aus den Reihen der Sicherheitsbeauftragten werden einmal jährlich zwei bis vier Delegierte gewählt, die stellvertretend für alle an den Sitzungen des ASA teilnehmen.
  • Im rollierenden Verfahren werden zu jeder Sitzung des ASA andere Sicherheits- beauftragte eingeladen.
  • Es werden die Sicherheitsbeauftragten eingeladen, deren Bereich oder deren spezielles Anliegen in der Sitzung des ASA betroffen ist.

Eine Kombination der ersten beiden Varianten mit der dritten ist oftmals sinnvoll.

§ 20 (5)

Die Sicherheitsbeauftragten dürfen wegen der Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben nicht benachteiligt werden.

§  20 (6)

Der Unternehmer hat den Sicherheitsbeauftragten Gelegenheit zu geben, an Aus- und Fortbildungsmaßnahmen des Unfallversicherungsträgers teilzunehmen, soweit dies im Hinblick auf die Betriebsart und die damit für die Versicherten verbundenen Unfall- und Gesundheitsgefahren sowie unter Berücksichtigung betrieblicher Belange erforderlich ist.

Damit Sicherheitsbeauftragte ihre Aufgabe im Betrieb nachhaltig wahrnehmen können, benötigen sie, neben den regelmäßigen Informationen durch Betriebsleitung, Fachkraft für Arbeitssicherheit und Betriebsarzt oder Betriebsärztin im Allgemeinen eine Qualifizierung und auch eine regelmäßige Fortbildung, die von Unfallversicherungsträgern angeboten wird. Umfang und Häufigkeit der Fortbildungen richten sich nach den betrieblichen Gegebenheiten und Gefährdungen. Sicherheitsbeauftragte können ohne ausreichende Fertigkeiten und Kenntnisse ihre Aufgaben nicht sachgerecht und vollständig erfüllen.