DGUV Vorschrift 1 - Grundsätze der Prävention
§ 26 Zahl und Ausbildung der Ersthelfer
§ 26 (1)
Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass für die Erste-Hilfe-Leistung Ersthelfer mindestens in folgender Zahl zur Verfügung stehen:
- bei 2 bis zu 20 anwesenden Versicherten ein Ersthelfer,
- bei mehr als 20 anwesenden Versicherten
a) in Verwaltungs- und Handelsbetrieben 5 %,
b) in sonstigen Betrieben 10 %,
c) in Kindertageseinrichtungen ein Ersthelfer je Kindergruppe,
d) in Hochschulen 10 % der Versicherten nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII).
Von der Zahl der Ersthelfer nach Nummer 2 kann im Einvernehmen mit dem Unfallversicherungsträger unter Berücksichtigung der Organisation des betrieblichen Rettungswesens und der Gefährdung abgewichen werden.
Die erforderliche Anzahl an Ersthelfern oder Ersthelferinnen im Betrieb muss zu jeder Zeit gewährleistet sein. Dabei ist der Abwesenheit von Ersthelfern oder Ersthelferinnen, z. B. durch Urlaub, Krankheit, Schichtdienst, Rechnung zu tragen. Die Ersthelfer und Ersthelferinnen sind unter Berücksichtigung der Art der Gefahren, der Struktur und der Ausdehnung des Betriebes so zu platzieren, dass bei einem Unfall ein Ersthelfer oder eine Ersthelferin in der Nähe ist. Versicherte nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 SGB VII sind die Beschäftigten des Unternehmens.
Ersthelfer und Ersthelferinnen aus fremden Unternehmen
Da nicht festgelegt ist, dass im Unternehmen die Ersthelfer oder Ersthelferinnen aus den Reihen der eigenen Versicherten gestellt werden müssen, kann diese Aufgabe auch anderen anwesenden Personen übertragen werden. Werden mehrere Unternehmer in einer Betriebsstätte oder auf Baustellen tätig, können sie sich wegen des Einsatzes der Ersthelfer und Ersthelferinnen absprechen. Wird in einem Fremdbetrieb gearbeitet, kann in Absprache mit diesem auf die Erste-Hilfe-Organisation dieses Betriebes zurückgegriffen werden.
Abweichen von der festgelegten Zahl
Von der vorgeschriebenen Mindestzahl der Ersthelfer und Ersthelferinnen kann nur dann abgewichen werden, wenn das betriebliche Rettungswesen hinsichtlich personeller, materieller oder organisatorischer Mindestmaßnahmen über die Anforderungen der DGUV Vorschrift 1 hinausgeht. Neben einem gut organisierten betrieblichen Rettungswesen ist für die Herabsetzung der Zahl der Ersthelfer und Ersthelferinnen außerdem ein geringeres Gefährdungspotenzial Voraussetzung. Um von der Zahl der Ersthelfer und Ersthelferinnen abweichen zu können, muss zudem Einvernehmen mit dem zuständigen Unfallversicherungsträger hergestellt werden. Das bedeutet aber keine förmliche Ausnahmegenehmigung im Sinne des § 14 Absatz 1 der DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“.
§ 26 (2)
Der Unternehmer darf als Ersthelfer nur Personen einsetzen, die bei einer von dem Unfallversicherungsträger für die Ausbildung zur Ersten Hilfe ermächtigten Stelle ausgebildet worden sind oder über eine sanitätsdienstliche/rettungsdienstliche Ausbildung oder eine abgeschlossene Ausbildung in einem Beruf des Gesundheitswesens verfügen. Die Voraussetzungen für die Ermächtigung sind in der Anlage 2 zu dieser Unfallverhütungsvorschrift geregelt.
Erste-Hilfe-Ausbildung
Die Ausbildung zum Ersthelfer bzw. zur Ersthelferin erfolgt in einem neun Unterrichtseinheiten umfassenden Erste-Hilfe-Lehrgang. Angehörige von Berufsgruppen, bei denen die Erste-Hilfe-Ausbildung Bestandteil der Ausbildung ist, können ohne zusätzliche Ausbildung als Ersthelfende im Betrieb eingesetzt werden, wenn die Erste-Hilfe-Ausbildung von einer ermächtigten Stelle durchgeführt wurde. Personen, die im Rahmen des Erwerbs des Führerscheins eine Ausbildung in Erster Hilfe absolviert haben, können als Ersthelfende im Betrieb eingesetzt werden, falls die Ausbildung nicht länger als zwei Jahre zurückliegt und die Ausbildung von einer von den Unfallversicherungsträgern hierzu ermächtigten Ausbildungsstelle durchgeführt wurde. Die Ausbildung zum Ersthelfer bzw. zur Ersthelfenden erstreckt sich nicht auf die Verwendung von Hilfsmitteln, wie Erste-Hilfe-Geräte, medizinische Geräte, Krankentragen, sowie die Verabreichung von Antidoten (Gegengifte). Für die Erste Hilfe in Bildungs- und Betreuungseinrichtungen bei Unfällen und Notfällen von Kindern mit den dann erforderlich werdenden Maßnahmen gibt es spezielle Kursangebote.
Ermächtigte Ausbildungsstellen
Die Erste-Hilfe-Ausbildung darf nur bei einer von dem Unfallversicherungsträger für die Ausbildung zur Ersten Hilfe ermächtigten Stelle durchgeführt werden. Die Voraussetzungen für diese Ermächtigung sind in Anlage 2 zu § 26 Absatz 2 der DGUV Vorschrift 1 geregelt und in dem DGUV Grundsatz 304-001 „Ermächtigung von Stellen für die Aus- und Fortbildung in der Ersten Hilfe“ näher erläutert. Die Unfallversicherungsträger haben überwiegend die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft mit der Durchführung des Ermächtigungsverfahrens beauftragt. Aktuelle Listen der ermächtigten Stellen können im Internet abgerufen werden (www.bg-qseh.de bzw. www.dguv.de/erstehilfe).
Personen mit sanitäts- oder rettungsdienstlicher Ausbildung und Berufe des Gesundheitswesens
Personen mit sanitäts- oder rettungsdienstlicher Qualifikation sind insbesondere Rettungshelfer, Rettungssanitäterinnen, Rettungsassistentinnen und Notfallsanitäter.
Berufe des Gesundheitswesens sind insbesondere Pflegefachkräfte, Pflegehilfskräfte, medizinische Fachangestellte, Masseure und medizinische Bademeister sowie Masseurinnen und medizinische Bademeisterinnen, Hebammen, Physiotherapeuten sowie Physiotherapeutinnen.
Approbierte Ärzte und Ärztinnen bzw. Zahnärzte und Zahnärztinnen können als aus- und fortgebildete Ersthelfer und Ersthelferinnen angesehen werden.
§ 26 (3)
Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass die Ersthelfer in der Regel in Zeitabständen von zwei Jahren fortgebildet werden. Für die Fortbildung gilt Absatz 2 entsprechend. Personen mit einer sanitätsdienstlichen/rettungsdienstlichen Ausbildung oder einer entsprechenden Qualifikation in einem Beruf des Gesundheitswesens gelten als fortgebildet, wenn sie an vergleichbaren Fortbildungsveranstaltungen regelmäßig teilnehmen oder bei ihrer beruflichen oder ehrenamtlichen sanitätsdienstlichen/rettungsdienstlichen Tätigkeit regelmäßig Erste-Hilfe-Maßnahmen durchführen. Der Unternehmer hat sich Nachweise über die Fortbildung vorlegen zu lassen.
Die Fortbildung in Erster Hilfe erfolgt durch Teilnahme an einem neun Unterrichtseinheiten umfassenden Erste-Hilfe-Lehrgang.
Die Fortbildung kann auch innerhalb des zweijährigen Rhythmus in mehrere Ab- schnitte unterteilt werden. Dabei müssen die einzelnen Abschnitte in einem inhaltlichen Zusammenhang stehen und mindestens das gleiche Ergebnis wie die alle zwei Jahre stattfindende Fortbildung erreichen.
Nach Überschreiten der Zweijahresfrist wird in der Regel eine erneute Teilnahme an einer Erste-Hilfe-Ausbildung notwendig.
Die Fortbildung muss – wie die Erste-Hilfe-Ausbildung – bei einer von dem Unfallversicherungsträger ermächtigten Stelle durchgeführt werden.
§ 26 (4)
Ist nach Art des Betriebes, insbesondere auf Grund des Umganges mit Gefahrstoffen, damit zu rechnen, dass bei Unfällen Maßnahmen erforderlich werden, die nicht Gegenstand der allgemeinen Ausbildung zum Ersthelfer gemäß Absatz 2 sind, hat der Unternehmer für die erforderliche zusätzliche Aus- und Fortbildung zu sorgen.
Unfälle, z. B. beim Umgang mit bestimmten Gefahrstoffen oder ionisierender Strahlung, können besondere Maßnahmen der Ersten Hilfe erfordern, die nicht Gegenstand der allgemeinen Erste-Hilfe-Aus- und Fortbildung sind. In diesen Fällen ist eine zusätzliche Erste-Hilfe-Weiterbildung erforderlich, die z. B. vom Betriebsarzt oder von der Betriebsärztin durchgeführt oder koordiniert werden kann.
§ 26 (5)
Die Absätze 1 bis 4 gelten nicht für Unternehmer hinsichtlich der nach § 2 Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe b Siebtes Buch (SGB VII) Versicherten.
Versicherte nach § 2 Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe b SGB VII sind Schüler und Schülerinnen während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen, einschließlich der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht oder im Zusammenwirken mit der Schule durchgeführten Betreuungsmaßnahmen.
Aufgrund der Besonderheiten des Schulbetriebs gelten die Absätze 1 bis 4 nicht für Schüler und Schülerinnen. Anzustreben ist zwar, dass jede Lehrkraft in Erster Hilfe aus- und fortgebildet ist. Die Aus- und Fortbildung aller Lehrkräfte einer Schule in Erster Hilfe wird jedoch nicht immer umsetzbar sein. Die Anzahl der notwendigen Ersthelferinnen und Ersthelfer sollte in diesem Fall im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ermittelt werden. Außerdem sind länderspezifische Re- gelungen zu berücksichtigen.
Weitere Hinweise sind in der DGUV Information 202-059 „Erste Hilfe in Schulen“ zu finden.