Schweißrauch-Emission, Schweißrauch-Exposition und gesundheitliche Gefährdung

Bei allen schweißtechnischen Arbeiten entstehen Schweißrauche. Für eine Gefährdungsbeurteilung und die anschließende Ableitung von Schutzmaßnahmen ist es hilfreich, die Mechanismen zur Entstehung von Schweißrauchen sowie deren Einflussparameter zu verstehen. 

Beim Schweißen wird elektrische Energie in Wärme umgesetzt, um Bauteile und Zusatzwerkstoff aufzuschmelzen. Aus der Schmelze entsteht die Schweißverbindung. Bei hohen Temperaturen im MSG-Lichtbogen (4000–16000°C) wird ein Teil des verflüssigten Metalls verdampft. Es entsteht ein Metalldampfplasma. Aufgrund der Wärmeverteilung, des Leistungsumsatzes und des Ansatzpunkts des MSG-Lichtbogens besteht dieses Metalldampfplasma hauptsächlich aus dem Material des abgeschmolzenen Zusatzwerkstoffs.

Verlässt der Metalldampf den heißen Lichtbogenbereich, kommt es zur Abkühlung, Kondensation und Zusammenballung von feinen Partikeln. Dadurch bilden sich Partikel, die in die alveolengängige Fraktion fallen (Durchmesser von 0,01 µm bis 10 µm), die luftgetragen als Rauch in den Atembereich der Beschäftigten gelangen können. Je weniger Metalldampfplasma im Lichtbogen erzeugt wird, desto geringer wird die Menge freigesetzter Schweißrauche sein.

Zu einem geringeren Anteil kann Schweißrauch zusätzlich aus Verdampfungen an der Oberfläche von freigesetzten Spritzern oder an der Oberfläche des Schweißbads entstehen.

Abbildung 2 stellt beispielhaft und nicht umfassend die Einflussgrößen für Schweißrauch-Emission, Schweißrauch-Exposition und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit dar. Die einzelnen Einflussgrößen werden in der Folge 
genauer erläutert.

Abb. 2 Einflussgrößen für Emissionen, Expositionen und Auswirkungen auf die GesundheitAbb. 2 Einflussgrößen für Emissionen, Expositionen und Auswirkungen auf die Gesundheit
Abb. 3 Schweißrauchemission bei verschiedenen SchweißverfahrenAbb. 3 Schweißrauchemission bei verschiedenen Schweißverfahren

Schweißrauch-Emission

Schweißrauch-EMISSION bezeichnet die Gesamtmenge aller partikelförmigen Stoffe, die der Schweißlichtbogen freisetzt. Die Emissionsrate hängt sehr stark vom Verfahren, von den Hilfs- und Zusatzstoffen und von den verwendeten Verfahrensparametern ab (siehe Abb. 3). Die Emissionsrate ist die emittierte Partikelmasse eines Verfahrens pro Zeit. Sie kann durch Labormessung bestimmt werden.

Die Emissionsrate liefert Anhaltspunkte über die mögliche Exposition der Beschäftigten am Arbeitsplatz und wird meist als Masse je Zeiteinheit angegeben (mg pro Minute).

Unterschiedliche Schweißverfahren werden unterschiedlichen Emissionsgruppen zugeordnet. Je höher die Emissionsgruppe, desto höher sind die Anforderungen an die
Maßnahmen zur Expositionsminderung am Arbeitsplatz (siehe TRGS 528). Das MSG-Schweißen fällt in die Emissionsgruppe hoch bis sehr hoch.

Emissionen

Folgende Variablen haben einen möglichen Einfluss sowohl auf die Schweißnahtqualität als auch auf die Schweißrauch-Exposition.

Schweißzusatzwerkstoffe

Da circa 95% der Gefahrstoffe in den Schweißrauchen aus den Zusatzwerkstoffen entstehen, ist deren Zusammensetzung von besonderem Interesse.

Verfahrensparameter an Schweißgeräten

Die Qualität von Schweißergebnissen sowie die Emissionsrate von Schweißrauchen kann durch eine Vielzahl von Einstellungsparametern am Schweißgerät, wie

Die Kontrolle

  • Schweißstromstärke
  • Drahtvorschubgeschwindigkeit
  • Schweißspannung etc. beeinflusst werden.
  • der Lichtbogenlänge
  • des Werkstoffübergangs und
  • der eingebrachten Energie

ist maßgebend sowohl für die Qualität der Schweißnaht als auch für die Metalldampf- oder Schweißrauchmenge.

Schweißschutzgase (Prozessgase)

Prozessgase dienen dem Schutz der Schmelze und des heißen Metalls vor schädlichen Lufteinflüssen. Sie wirken über ihre Zusammensetzung auch auf den Werkstoffübergang, die Lichtbogenausbildung, die chemischen und metallurgischen Reaktionen. Besonders der Anteil der aktiven Komponenten CO₂ oder O₂ ist im Zusammenhang mit Schweißrauchemissionsrate und Schweißergebnis zu berücksichtigen.

Grundwerkstoff-Oberflächen

Der Oberflächenzustand der verarbeiteten Bauteile beeinflusst auch das qualitative Ergebnis und die Schweißrauchemissionsrate. Sowohl Funktionsbeschichtungen als auch Verunreinigungen an der metallischen Oberfläche können sich zweifach auswirken. Zum einen entstehen zusätzlich Emissionen über die Verdampfung der Beschichtung/Verunreinigung. Zum anderen führt diese Verdampfung selbst zu Störungen 
im Lichtbogen. Ein „unruhiger“ Lichtbogen hat wiederum höhere Emissionsraten zur Folge.

Schweißrauch-Exposition

Die inhalative EXPOSITION beschreibt die Konzentration von Gefahrstoffen, die im Atembereich der Beschäftigten ankommt und über welchen Zeitraum die Beschäftigten dieser Konzentration ausgesetzt sind. Die Exposition der schweißenden Person wird im Wesentlichen durch Emissionen des Schweißprozesses, verschiedene Randbedingungen der Tätigkeit und des Arbeitsplatzes (z.B. Körperhaltung, Absaugung) sowie die persönliche Schutzausrüstung beeinflusst. Die inhalative Exposition wird in der Regel durch Arbeitsplatzmessungen bestimmt und als Masse im Luftvolumen angegeben (z.B. mg/m³).

Wirksamkeit der technischen Schutzmaßnahmen 

(z.B. Erfassungsgrad der Schweißrauche durch technische Absaugung) Schweißrauche können in die Atemluft Dritter gelangen, wenn die technische Ausstattung unzureichend ist.

Arbeitsplatzgestaltung

Faktoren wie Zwangshaltungen, ungünstige Ergonomie oder schlechte Mitführbarkeit von Schweißrauchabsaugungen können deutliche Effekte auf die Exposition haben. Zudem können Schweißrauche in die Atemluft Dritter gelangen, wenn die räumliche Gestaltung der Arbeitsplätze unzureichend ist.

Qualifikation der schweißenden Person

Schweißende Personen müssen für ihre Arbeit qualifiziert und in die verwendeten Geräte (Schweißgerät, Absaugung, persönliche Schutzausrüstung etc.) eingewiesen und in den Umgang mit ihnen unterwiesen sein. 

Nachfolgende Parameter oder Randbedingungen können in unterschiedlichem Umfang zu der Exposition beitragen.

  • Arbeiten in Zwangshaltung können dazu führen, dass sich die schweißende Person mit ihrem Atembereich oft und lange in der Schweißrauchfahne befindet.
  • Eine hohe Emissionsrate der Schweißrauche kann schnell zu hohen Expositionswerten führen.
  • In kleinen Räumen mit schlechter Lüftung können sich die Rauche aufkonzentrieren. 
  • Schlechtes Sehvermögen der schweißenden Person kann zu höherer Exposition führen, wenn sich der Kopf sehr nahe an der Schweißstelle befindet.
  • Lange Lichtbogenzeiten führen zu einer hohen Exposition.
  • Parallel stattfindende Schweißarbeiten addieren sich hinsichtlich der Emission.

Auswirkungen auf die Gesundheit

Die Gefahrstoffe können unterschiedliche Auswirkungen auf den menschlichen Körper haben (s. TRGS 528). 

In Bezug auf die partikelförmigen Emissionen gilt: Je kleiner die Partikel sind, desto tiefer können sie in die menschlichen Atemwege eindringen. Einatembare Partikel mit einem Durchmesser von mehr als 10µm werden üblicherweise in den oberen Atemwegen abgeschieden. Alveolengängige, besonders ultrafeine, Partikel können bis in die tieferen Atemwege und Lungenbläschen gelangen. Der überwiegende Teil der in Schweißrauchen enthaltenen Partikel ist alveolengängig.

Im Vordergrund stehen entzündliche Erkrankungen der Atemwege und der Lunge (z.B. chronische Bronchitis/COPD, Asthma, Lungenfibrosen). Je nach Zusammensetzung der Schweißrauche können auch Krebserkrankungen der Atemwege und der Lunge auftreten (z.B. durch Chrom-(VI)-Verbindungen oder Nickeloxid). Darüber hinaus kann es zu systemischen Effekten kommen, wie parkinsonähnliche Symptomen aufgrund von Mangan oder die Überladung des Organismus mit Eisenoxiden.

Arbeitsmedizinische Vorsorge

Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen entsprechend § 14 Abs. 2 der Gefahrstoffverordnung die Beschäftigten zu Gefährdungen vor Aufnahme der Tätigkeit und dann mindestens einmal jährlich mündlich unterweisen und in diesem Rahmen auch eine allgemeine arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung (auf Gruppenbasis) durchführen. Dabei soll auch auf die im Anhang der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) festgelegten Anlässe für die individuelle arbeitsmedizinische Vorsorge hingewiesen werden. Die Beratung ist unter Beteiligung des Betriebsarztes oder der Betriebsärztin durchzuführen, falls dies erforderlich sein sollte (siehe auch Anhang IV „Arbeitsmedizinische Vorsorge“). 

Die arbeitsmedizinische Vorsorge nach ArbMedVV kann neben der ausführlichen Arbeitsanamnese und der Beratung auch körperliche Untersuchungen und apparative Diagnostik umfassen, wie Lungenfunktionsmessungen oder Biomonitoring von Gefahrstoffen im Blut oder Urin. Ob die arbeitsmedizinische Vorsorge dabei als Pflicht-, Angebots- oder Wunschvorsorge erfolgt, ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung.

Individuelle arbeitsmedizinische Vorsorge ermöglicht die Erfassung des individuellen Gesundheitszustands, besonders der Atemwege und der Lunge. Außerdem kann, neben den Präventionsaspekten, die gesundheitliche Situation des oder der Beschäftigten im zeitlichen Verlauf beurteilt werden, so dass bei Gesundheitsschäden oder -risiken Maßnahmen ergriffen werden können. 

Hinweis 

Auch beim Biomonitoring ist auf die Qualitätssicherung sowohl bei der Probengewinnung und dem Versand als auch durch das analysierende Labor zu achten. Nach Möglichkeit sollten nur Labore mit der Untersuchung beauftragt werden, die für die jeweils zu analysierenden Stoffe (Analyte) ein aktuelles Zertifikat über die erfolgreiche Teilnahme an Ringversuchen der DGAUM (Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin) vorweisen können.

Unterweisung und arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung

Im Fall der Gefährdungen durch schweißtechnische Arbeiten ist angesichts der Komplexität der Verfahren und der daraus resultierenden Gesundheitsgefährdungen, die sehr differenziert zu bewerten sind, die Beteiligung der Betriebsärztin oder des Betriebsarztes grundsätzlich erforderlich. Der Zeitpunkt der Unterweisung ist schriftlich festzuhalten und sie ist von den Unterwiesenen durch Unterschrift zu bestätigen.

Beurteilungsmaßstäbe

Für viele Bestandteile von Schweißrauchen existieren 

  • Arbeitsplatzgrenzwerte (TRGS 900), 
  • Exposition-Risiko-Beziehungen mit AK (Akzeptanzkonzentration) und TK (Toleranzkonzentration) (TRGS 910) oder
  • stoffspezifische Beurteilungsmaßstäbe (TRGS 561), z.B. für Chrom-(VI) Verbindungen.

In der TRGS 528 sind die relevanten Grenzwerte und Beurteilungsmaßstäbe bei schweißtechnischen Arbeiten zusammengefasst. Im Anhang III steht eine Liste von Gefahrstoffen, die bei schweißtechnischen Arbeiten entstehen können, mit ihren zur Drucklegung dieser DGUV Information geltenden Grenzwerten.