DGUV Vorschrift 2 sowie Regel 100-002 "Betriebsärztinnen und Betriebsärzte sowie Fachkräfte für Arbeitssicherheit"

Anlage 1 (zu § 2 Absatz 2 DGUV Vorschrift 2)

I. Allgemeines (Abschnitt I)

Betriebsärztliche und sicherheitstechnische Regelbetreuung in Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten

Wesentliche Grundlage von Art und Umfang der betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung nach Anlage 1 sind die im Betrieb vorliegenden Gefährdungen für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten sowie die Aufgaben gemäß den §§ 3 bzw. 6 Arbeitssicherheitsgesetz.

Die zu erbringende betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung umfasst die Unterstützung des Unternehmers bei der Erstellung und Aktualisierung der Beurteilung der Arbeitsbedingungen (Gefährdungsbeurteilung) und die Durchführung anlassbezogener Betreuungen. Die Inhalte der Betreuung können kombiniert werden.

Bei der Erstellung bzw. der Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung muss der Sachverstand von Betriebsärztinnen oder Betriebsärzten sowie Fachkräften für Arbeitssicherheit einbezogen werden. Dies kann dadurch geschehen, dass die oder der Erstberatende den Sachverstand des jeweils anderen Sachgebietes hinzuzieht.

Die Unterstützung bei der Gefährdungsbeurteilung ist bei maßgeblicher Änderung der Arbeitsbedingungen, spätestens aber nach 3 Jahren zu wiederholen.

Zu Anlage 1, Abschnitt I – Gefährdungsbeurteilung:

Gemäß § 5 Absatz 1 ArbSchG hat der Arbeitgeber durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Hierbei sind die in § 5 Absätze 2 und 3 ArbSchG genannten Beurteilungen und Gefährdungsarten maßgeblich. Erkenntnisse können sich unter anderem ergeben aus Begehungen und der arbeitsmedizinischen Vorsorge. Im Zuge der Gefährdungsbeurteilung sind entsprechende Maßnahmen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit abzuleiten. Die Gefährdungsbeurteilung und die Maßnahmen sind auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und die Gefährdungsbeurteilung ist erforderlichenfalls an sich ändernde Gegebenheiten anzupassen. Der Unternehmer hat die Gefährdungsbeurteilung insbesondere dann zu überprüfen, wenn sich die betrieblichen Gegebenheiten hinsichtlich Sicherheit und Gesundheitsschutz verändert haben (§ 3 Absatz 2 DGUV Vorschrift 1). Mögliche Anlässe für eine Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung sind in der DGUV Regel 100- 001 „Grundsätze der Prävention“ beschrieben.

Der Betrieb muss über angemessene und aktuelle Unterlagen verfügen, aus denen das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung, die abgeleiteten Maßnahmen und das Ergebnis der Wirksamkeitskontrolle ersichtlich sind. Solche Unterlagen können auch Berichte nach § 5 dieser Unfallverhütungsvorschrift sein, wenn sie entsprechende Ausführungen zur Gefährdungsbeurteilung sowie weitere Dokumente der beratenden Fachkraft für Arbeitssicherheit, der Betriebsärztin oder des Betriebsarztes oder des überbetrieblichen Dienstes enthalten.

II. Anlassbezogene Betreuungen (Abschnitt II)

Der Unternehmer ist verpflichtet, sich bei besonderen Anlässen durch eine Betriebsärztin oder einen Betriebsarzt oder eine Fachkraft für Arbeitssicherheit mit branchenspezifischen Kenntnissen in Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes betreuen zu lassen.
Insbesondere bei folgenden Anlässen hat der Unternehmer zu prüfen, ob eine Betreuung durch die Betriebsärztin oder den Betriebsarzt, durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit oder durch beide Professionen erforderlich ist:

  • Planung, Errichtung und Änderung von Betriebsanlagen,
  • Einführung neuer Arbeitsmittel, die ein erhöhtes Gefährdungspotenzial zur Folge haben,
  • grundlegende Änderung von Arbeitsverfahren,
  • Einführung neuer Arbeitsverfahren,
  • Gestaltung neuer Arbeitsplätze und -abläufe,
  • Einführung neuer Arbeitsstoffe, die ein erhöhtes Gefährdungspotenzial zur Folge haben,
  • Tätigkeit von Personen mit besonderem Schutzbedürfnis (insbesondere Schwangere, Stillende, Jugendliche, schwerbehinderte Menschen),
  • Untersuchung von Unfällen und Berufskrankheiten,
  • Beratung der Beschäftigten über besondere Unfall- und Gesundheitsgefahren bei der Arbeit,
  • Erstellung von Notfall-, Hygiene-, Pandemie- und Alarmplänen,
  • Erforderlichkeit der Durchführung sicherheitstechnischer Überprüfungen und Beurteilungen von Anlagen, Arbeitssystemen und Arbeitsverfahren,
  • grundlegende Umgestaltung von Arbeitszeit-, Pausen- und Schichtsystemen,
  • Erforderlichkeit der Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorge,
  • Gefährdungen durch Personen, die sich und andere gefährden, insbesondere durch einen Rauschzustand oder ein aggressives Verhalten,
  • Fragen des Arbeitsplatzwechsels sowie der Eingliederung und Wiedereingliederung von Menschen mit Behinderungen und der (Wieder-)Eingliederung von Rehabilitanden,
  • Häufung gesundheitlicher Probleme,
  • Auftreten posttraumatischer Belastungszustände,
  • die Gefahr einer Pandemie,
  • spezielle demographische Entwicklungen im Betrieb.

Anlassbezogene Beratungen zu speziellen Fachthemen können im Einzelfall auch durch Personen mit entsprechender Fachkompetenz erbracht werden, die nicht über eine Qualifikation als Betriebsärztin oder Betriebsarzt oder als Fachkraft für Arbeitssicherheit verfügen.

Zu Anlage 1, Abschnitt II – Anlassbezogene Beratungen:

Mit der Einführung neuer Arbeitsstoffe ist z.B. die Einführung von Gefahrstoffen, biologischen Arbeitsstoffen oder anderen Stoffen gemeint, wenn sie ein erhöhtes Gefährdungspotential haben.
Zu speziellen Fachthemen können beispielsweise im Einzelfall auch Personen mit entsprechender Fachkompetenz Beratungen erbringen:

Beispiele für spezielle FachthemenBeispiele für Personen mit spezieller Fachkompetenz
Spezifische Lärmminderungsmaßnahmen in einer Fertigungshalle; Lärmminderungsmaßnahmen zur Stressreduktion (extra-aurale Lärmwirkung).Ingenieurinnen und Ingenieure, Physikerinnen und Physiker, Arbeitswissenschaftlerinnen und Arbeitswissenschaftler
Ermitteln psychischer Belastung bei der Arbeit mittels standardisierter MethodenArbeits- und Organisationspsychologinnen und
-psychologen, Sozial- und Gesundheitswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler mit entsprechender Methodenkompetenz
Organisatorische Unterstützung bei der Wiedereingliederung von BeschäftigtenZertifizierte Disability Manager
LüftungsmaßnahmenLüftungstechnikerinnen und Lüftungstechniker
Ermittlung von chemischen Einwirkungen bei der ArbeitChemikerinnen und Chemiker, Chemie- Ingenieurinnen und -Ingenieure, Verfahrenstechnikerinnen und -techniker, Arbeitshygienikerinnen und Arbeitshygieniker
BrandschutzSpezialistinnen und Spezialisten für Brand- und Katastrophenschutz – etwa aus der Feuerwehr oder Hilfeleistungs-organisationen

 

Unternehmer können sich zur gemeinsamen Nutzung betriebsärztlicher und sicherheitstechnischer Regelbetreuung zusammenschließen, soweit die Möglichkeiten zur Organisation im Betrieb nicht ausreichen.

Zu Anlage 1, Abschnitt II:

Damit ist beispielsweise eine sogenannte Pool-Betreuung gemeint. Sie umfasst meist die Bereitstellung von Online-Hilfen, ein Einführungsseminar, die vorgeschriebene
Betriebsbegehung und einen Erfahrungsaustausch der beteiligten Betriebe. Nach der Erstbegehung werden anlassbezogene Betreuungen ermöglicht. Die vorgeschriebene regelmäßige Wiederholung der Unterstützung bei der Gefährdungsbeurteilung wird ebenfalls angeboten.