Funksteuerungen
Positionspapier des Sachgebiets Hütten- und Walzwerksanlagen, Gießereien, Hebetechnik in der DGUV zum Einbau einer drahtlosen / kabellosen Steuerung (Funksteuerung)
Information an die gemäß §28 der Unfallverhütungsvorschrift „Krane“ DGUV Vorschrift 52 durch die Berufsgenossenschaft Holz und Metall für die Prüfung von Kranen ermächtigten Sachverständigen.
1. Nationale Bestimmungen
Grundsätzlich ist festzustellen, dass der nachträgliche Einbau einer Funksteuerung eine wesentliche Änderung gemäß § 25 Abs. 1 der Unfallverhütungsvorschrift „Krane“ DGUV Vorschrift 52 darstellt. Der Kran muss anschließend vor der Wiederinbetriebnahme durch einen Sachverständigen gemäß §28 DGUV Vorschrift 52 geprüft werden. Das Ergebnis dieser Prüfung ist im Kranprüfbuch einzutragen.
Es wird nur der geänderte Teil abgenommen.
Die Änderung (hier: Einbau einer Funksteuerung) muss auf Grundlage der neuesten Vorschriften und technischen Regeln erfolgen.
2. Aktuelle Vorschriften
Die Funkanlagen-Richtlinie 2014/53/EU ist zu beachten. Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) hat eine Information dazu herausgegeben (Kontakt: info@vdma.org).
Je nach Bauform sind die entsprechenden Produktnormen (in der jeweils heute gültigen Fassung) zu berücksichtigen (z. B. Schienenlaufkatzen [EN 14492- 2:2010-05 „Krane — Kraftgetriebene Winden und Hubwerke — Teil 2: Kraftgetriebene Hubwerke“; Brückenkrane EN 15011:2014-09 „Krane — Brücken- und Portalkrane“]).
3. Grundsätzliche Bestimmungen zu drahtlosen / kabellos gesteuerten Krananlagen
3.1 Geschwindigkeiten
Die Fahrgeschwindigkeiten müssen angemessen sein.
EN 13557:2009-07 „Krane - Stellteile und Steuerstände" legt maximale Werte fest:
Auszug: „…. 5.1.9 Für Krane, wo der Kranführer der Bewegung des Stellteiles oder der Last zu Fuß folgen muss, muss die Geschwindigkeit der Fahrbewegung begrenzt sein:
a.) bei einer Geschwindigkeitsstufe auf: 1,0 m/s max.;
b) bei zwei und mehr Geschwindigkeitsstufen einschließlich stufenlos: Keine Begrenzung, vorausgesetzt, die kleinste wählbare Geschwindigkeit ist 0,75 m/s oder geringer. …“.
Mitgängersteuerung
Bei flurbedienten Kranen mit einer kabelgebundenen Mitgängersteuerung (Steuerflasche), bei denen die Kranführerin oder der Kranführer mitgehen muss und die Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist, darf die Nenngeschwindigkeit (z. B. für die Kranfahrt) nicht mehr als 63 m/min betragen (siehe §17 DGUV Vorschrift 52).
Funkgesteuerte Krane
Für funkgesteuerte (kabellose) Krane wird eine Nenngeschwindigkeit (z. B. für die Kranfahrt) von 80 m/min als Obergrenze empfohlen.
Kranführer und Kranführerinnen sind nicht an einen festen Abstand zum Kran oder zur Last gebunden und können somit den Kran aus sicherem Abstand bedienen. Die Funksteuerung lässt zu, dass sie dem Kran in einer angemessenen, sicheren Entfernung folgen und ihn dabei steuern.
Kabinengesteuerte Krane
Bei kabinengesteuerten Kranen ist die Nenngeschwindigkeit (für z. B. die Kranfahrt) nicht begrenzt.
Beim Fahren des Krans aus der Kabine ist die Person, die den Kran führt, körperlich mit dem Kran verbunden. Sie „fühlt“ den Kran und kann so schneller auf Ungewöhnliches reagieren.
3.2 Verwendung von mehr als einer Bedienstation
Wo ein Hebezeug mehr als eine drahtlose Bedienstation hat, müssen Maßnahmen vorgesehen werden, um sicherzustellen, dass zu einem Zeitpunkt immer nur eine der Bedienstationen freigegeben werden kann. Eine Anzeige, welche Bedienstation das Hebezeug steuert, muss an geeigneten Stellen vorgesehen werden, die sich aus der Risikobeurteilung für das Hebezeug ergeben.
Ein Umschalten der Steuerung von einem Sender zu einem anderen darf nicht möglich sein, bis ein Stopp-Kommando für die Kranbewegungen übertragen und der erste Sender abgeschaltet worden ist. Das Einschalten des anderen Senders muss eine bewusste Handlung erfordern, die speziell für diesen Zweck ausgelegt ist.
Mittel müssen vorgesehen werden, die einen Betrieb mehrerer Sender-/ Empfänger-Paare in dem Übertragungsgebiet ohne unerwünschte gegenseitige Beeinflussung ermöglichen. Diese Einrichtungen müssen gegen zufälliges oder unbeabsichtigtes Vertauschen geschützt sein.
3.3 Warnhinweise
In Ziffer C.8 „Warnhinweise“ des Anhanges C 8 (normativ) „Zusätzliche Anforderungen für kabellose Steuerungen und Steuerungssysteme“ der EN 13557:2009-07 wird gefordert, dass wo zu erwarten ist, dass sich Personen in der Nähe des Kranes oder Teilen des Kranes aufhalten (z. B. fahrende Krane, drehende Gegengewichte) und die Gefahr besteht, dass Personen eingeklemmt, überfahren werden usw. zusätzliche Warnhinweise zu denen nach 5.2.3.1.3 EN 13557:2009-07 vorgesehen werden müssen.
Wenn in den Europäischen Normen für die einzelnen Kranarten nicht anders festgelegt, muss ein Kran ausgerüstet sein mit
a) einem Schild am Zugang auf den Kran, das aussagt, dass der Kran mit einer kabellosen Fernsteuerung ausgerüstet ist, und
b) entweder
⎯ mit einer ständig sichtbaren Warnung, solange die kabellose Fernsteuerung eingeschaltet ist,
oder
⎯ mit einer automatischen akustischen und/oder sichtbaren Warnung vor jeder Kranbewegung.
Brücken- und Portalkrane
In Ziffer 5.7 „Ausrüstung für Warnung“ der EN 15011:2014-09 wird gefordert, dass bei Brücken- und Portalkranen Warnschilder und Kennzeichnungen vorhanden sein müssen, um den Kranführer, die Wartungsfachleute, Prüfer, Anschläger und andere Personen am Kran oder in der Nähe des Krans über die Gefährdungen zu informieren, die mit dem Kran und dessen Betrieb in Zusammenhang stehen und um über notwendige Maßnahmen zur Minimierung der Risiken zu informieren.
Weitere Informationen sind enthalten in
- EN ISO 12100 bezüglich der Grundsätze zur Darstellung von Gefahrinformationen durch Schilder.
- EN 12644-2 bezüglich der Anforderungen und Informationen zur Kennzeichnung von Kranen.
Optische Warnmittel sind Sicherheitsfarben, Piktogramme, Textwarnungen und Warnleuchten.
Turmdrehkrane
In Ziffer 5.4.6.2 der EN 14439:2010-03 „Krane – Sicherheit – Turmdrehkrane“ wird Folgendes bestimmt:
„Für den Fall einer kabellosen Steuerung gilt zur Erfüllung der Anforderungen nach EN 13557 (C.8) und EN 12077-2 (5.5.1.2) Folgendes:
- die Anzeige muss durch ein dauerhaft leuchtendes grünes Licht erfolgen, das so angebracht ist, dass es für die Personen in der Umgebung des Kranes sichtbar ist; - …“
3.4 Notendhalteinrichtungen
Kranbewegungen die zu einem gefahrbringenden Zustand führen können, müssen mit entsprechenden Einrichtungen (z. B. Wegbegrenzer) gemäß Ziffer 9.2.5.5 „Überwachung der Befehlsausführung“ der EN 60204-32:2008 "Sicherheit von Maschinen - Elektrische Ausrüstung von Maschinen - Teil 32: Anforderungen für Hebezeuge" überwacht werden.
Danach muss eine Bewegung oder Aktion eines Hebezeuges oder eines seiner Teile, die zu einem gefahrbringenden Zustand führen kann, überwacht werden. An handgesteuerten Hebezeugen können Bediener einige dieser Überwachungen durchführen. Zustände, bei denen man vernünftigerweise nicht erwarten kann, dass sie vom Bediener überwacht werden, erfordern Einrichtungen, welche Wegbegrenzer, Motorüberdrehzahlerfassung, Erfassung einer mechanischen Überlast oder Kollisionsschutzeinrichtungen einschließen.
3.4.1 Notendhalteinrichtungen bei Brücken- und Portalkranen
Nach Ziffer 5.5.3 „Bewegungsbegrenzer“, speziell Ziffer 5.5.3.1 „Allgemeines“ der EN 15011:2014-09 müssen Krane nach EN 12077-2:2008 Sicherheit von Kranen - Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen - Teil 2: Begrenzungs- und Anzeigeeinrichtungen" am Ende jeder Bewegung mit Begrenzern ausgestattet werden.
Wenn elektrische Begrenzer verwendet werden, müssen sie einen Halt der Kategorie 0 oder der Kategorie 1 nach EN 60204-32 auslösen, jedoch eine Bewegung in der entgegengesetzten Richtung in einen sicheren Zustand erlauben.
Die horizontalen Bewegungen von schienengebundenen Kranen müssen mit zusätzlichen Begrenzern ausgestattet sein, wenn es erforderlich ist, den Betrieb des Krans, der Laufkatze oder die Last in bestimmten Bereichen einzuschränken.
Hinweis: Bei einigen Anwendungen kann es erwünscht sein, Verzögerungsbegrenzer zusätzlich zu den Begrenzern am Ende der Bewegung einzusetzen.
3.4.2 Distanzierungseinrichtungen bei Brücken- und Portalkranen
Anforderungen an Kollisionsschutzsysteme sind unter Ziffer 5.5.3.3 „Zusammenstoß zwischen Kranen oder Laufkatzen“ der DIN EN 15011:2011 zu finden.
Nach Ziffer 5.5.3.3 „Zusammenstoß zwischen Kranen oder Laufkatzen“ EN 15011:2014-09 sind Puffer zwischen den Kranen oder Katzen ausreichende Systeme zur Risikominimierung, wenn sie in der Lage sind, die sich aus den bewegenden Massen ergebende kinetische Energie so aufzunehmen, dass Folgendes verhindert wird:
a) Überschreitung der Festigkeit der Bauteile der Krananlage;
b) Sturz oder Kippen der Krane oder der Katzen;
c) Lastabsturz;
d) gefährliches Lastpendeln.
In anderen Fällen müssen Kollisionsschutzsysteme vorgesehen sein.
Wenn ein Kollisionsschutzsystem als erforderlich bewertet wird, müssen alle relevanten Kran- oder Katzbewegungen mit dem System versehen sein. Abhängig von der Bewertung der jeweiligen Risiken muss das Kollisionsschutzsystem einige oder alle der folgenden Eigenschaften aufweisen:
- die Fähigkeit, die Anfahrgeschwindigkeit des Krans (der Krane) oder der Katze (der Katzen), die sich einem Zusammenstoß nähern, zu reduzieren;
- die Fähigkeit, den fahrenden Kran (Krane) oder Katze (Katzen) vor einem Zusammenstoß zum Stillstand zu bringen.
Die sich aus der kinetischen Energie des Zusammenstoßes ergebenden Kräfte müssen auch mit dem Kollisionsschutzsystem berücksichtigt werden, es sei denn, dass System erfüllt die Anforderungen nach 5.3.4.1 EN 15011:2014-09.
Der Fahrer darf keiner Verzögerung über 4 m/s² ausgesetzt werden.
ANMERKUNG
Eine Warnung vor herannahenden Zusammenstößen kann in einigen Fällen erforderlich sein. Wenn Endanschläge mit Puffern für den Kran oder die Laufkatze durch reibschlüssige Schraubverbindungen befestigt sind, um die Einstellung des Fahrbereichs zu ermöglichen, muss auch
- eine formschlüssige Feststelleinrichtung hinter dem Endanschlag als Zusatzmittel vorhanden sein, oder
- die Endanschlagskonstruktion muss mit einem Risikobeiwert γn = 1,6 konstruiert werden."
3.5 Bremsen
Nicht jeder Kran, der entsprechend DGUV Vorschrift 52 in Betrieb genommen worden ist, hat Bremsen.
Gemäß Abs. 1 §14 “Fahr- und Drehwerksbremsen, Sicherung gegen ungewollte Kranbewegungen“ der DGUV Vorschrift 52 müssen Krane so eingerichtet sein, dass ihre kraftbetriebenen Fahr- und Drehbewegungen abgebremst und ungewollte Kranbewegungen verhindert werden können. Das kann z. B. durch Bremsen oder Selbstverzögerung erfolgen. Fahr- und Drehbewegungen, die durch Notendhalteinrichtungen begrenzt sind, müssen nach dem Ansprechen der Notendhalteinrichtung selbsttätig abgebremst werden.
3.6 Unterweisung
Die Kranführer müssen im Umgang mit der kabellosen Steuerung gemäß §29 DGUV Vorschrift 52 und dem BG-Grundsatz „Auswahl, Unterweisung und Befähigungsnachweis von Kranführern“ DGUV Grundsatz 309-003 unterwiesen werden.
3.7 Verkehrswege
Für die kabellose Steuerung des Kranes sind ausreichend breite Verkehrswege vorzusehen. Hierfür gilt ein Richtwert von mindestens 0,8 m. Es ist sicherzustellen, dass der Kranführer einen Überblick über den jeweiligen Arbeitsbereich des Kranes hat. Die Verkehrswege müssen frei von Hindernissen, weitmöglichst kreuzungsfrei, ohne Stolperstellen und ausreichend beleuchtet sein.
4. Besonderheit Turmdrehkran
Aus der Praxis ergeben sich 3 Möglichkeiten bei der Ausrüstung von Turmdrehkranen mit kabellosen Steuerungen.
- Der Hersteller des Turmdrehkranes liefert diesen einschließlich der kabellosen Steuerung. Hierbei gehört die kabellose Steuerung zum Kran und wird durch die Konformitätserklärung abgedeckt. Die Betriebsanleitung muss Hinweise zur Funktion und Benutzung bzw. Wartungshinweise enthalten.
- Der Hersteller des Turmdrehkranes liefert den Kran ohne kabellose Steuerung, hat aber bereits die Vorinstallation für die Benutzung einer kabellosen Steuerung am Kran installiert.
Die Vorinstallation ermöglicht, dass durch einfaches Anstecken des Empfängers der kabellosen Steuerung, der sichere Betrieb gewährleistet ist.
Für die kabellose Steuerung müssen die Zustimmung des Kranherstellers sowie eine EG-Konformitätserklärung und Betriebsanleitung vorliegen.
ln diesem Fall ist nach dem Verbinden der kabellosen Steuerung mit dem Kran eine Sachkundigen-Prüfung auf ordnungsgemäße Funktion durchzuführen und im Prüfbuch zu bestätigen.
- Der Hersteller des Turmdrehkranes liefert den Kran ohne jegliche technische Vorbereitung zur Nachrüstung mit einer kabellosen Steuerung.
Soll an diesem Kran eine kabellose Steuerung nachgerüstet werden, so muss in die vorhandene Steuerung des Kranes eingegriffen werden. Dies ist eine wesentliche Änderung im Sinne des § 25 Abs. 1 DGUV Vorschrift 52 und bedarf einer anschließender Sachverständigen-Prüfung und Dokumentation im Kranprüfbuch.
Für die kabellose Steuerung muss eine EG-Konformitätserklärung und Betriebsanleitung vorliegen. Es ist dringend zu empfehlen, die Auswahl der kabellosen Steuerung in Abstimmung mit dem Kranhersteller durchzuführen. Bei der Funktionsprüfung der kabellosen Steuerung müssen sämtliche Kranbewegungen, auch die notwendigen sicherheitstechnischen Abschaltungen z. B. Vorabschaltung, Endabschaltung, Not-Halt-Schaltung durchgeführt werden. Es ist dabei zu beachten, dass die kabellose Steuerung das identische Steuerungsverhalten erfüllt, wie durch die normale Kransteuerung vorgegeben (speziell bei mehrstufiger Schaltung, wenn zwischen den jeweiligen Stufen Zeitglieder mit berücksichtigt werden usw.)
Zuständiger Fachreferent
Uwe Streb
Abteilung Technologien Holz und Metall
Sachgebiet Krane und Hebetechnik, Intralogistik
Isaac-Fulda-Allee 18
55124 Mainz