FAQs zur neuen Maschinenverordnung (EU) 2023/1230

Grundlegendes

Die Maschinenverordnung berücksichtigt Aspekte in Bezug auf neue digitale Technologien (insb. Cybersicherheit, maschinelles Lernen und autonome Maschinen), welche in der Maschinenrichtlinie noch nicht behandelt wurden. 
Zudem sollen durch die Maschinenverordnung die Rechtsvorschriften für Maschinen an das Rahmenregelwerk „New Legislative Framework“ NLF angepasst werden. Dies beinhaltet beispielsweise einheitliche Begriffsbestimmungen sowie den Wegfall von Doppelregelungen.

Die EU-Richtlinien, wie die Maschinenrichtlinie, richten sich an die Mitgliedsstaaten und müssen zunächst in nationales Recht umgesetzt werden. Diese nationale Umsetzung entfällt bei EU-Verordnungen, wie der Maschinenverordnung. Die Maschinenverordnung richtet sich direkt an die Wirtschaftsakteure (den Hersteller und ggf. seinen Bevollmächtigten sowie an den Einführer und den Händler).

Die Maschinenverordnung ist bereits seit Juli 2023 in Kraft. Der Anwendungsbeginn ist jedoch erst der 20. Januar 2027. Allerdings gibt es für bestimmte Adressaten, wie beispielsweise notifizierte Stellen, Regelungen, welche bereits vorher angewendet werden müssen oder können.

Zielgruppe

Die Maschinenverordnung richtet sich an den Hersteller und ggf. seinen Bevollmächtigten sowie an den Einführer und den Händler von Maschinen, dazugehörigen Produkten und unvollständigen Maschinen. 

Ja, in diesem Fall wird der Betreiber zum Hersteller. Die Maschine muss spätestens zum Zeitpunkt der erstmaligen Inbetriebnahme, sämtliche Anforderungen der Maschinenverordnung, inkl. Konformitätserklärung und CE-Kennzeichnung, erfüllen.

Der Händler wird in der neuen Maschinenverordnung als Wirtschaftsakteur erfasst. Er hat in Bezug auf die Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen ebenfalls Pflichten zu erfüllen. Diese Pflichten beinhalten insbesondere die Prüfung auf offensichtliche Mängel, wie das Fehlen der Konformitätserklärung, der Betriebsanleitung oder der korrekten Kennzeichnung. Des Weiteren hat der Händler Unterstützungspflichten gegenüber den Marktüberwachungsbehörden und muss bei aufgedeckten Mängeln geeignete Maßnahmen, wie beispielweise Rückrufe, durchführen. Ferner hat der Händler auch für „unschädliche“ Lager- und Transportbedingungen zu sorgen.

Anwendungsbereich

Im Wesentlichen ist der Anwendungsbereich gleichgeblieben. Neu im Anwendungsbereich sind beispielsweise Maschinen, denen lediglich das Aufspielen der vorgesehenen Software fehlt, sowie3D-Drucker.

Die Maschinenverordnung beinhaltet zahlreiche neue Anforderungen zum Schutz gegen Korrumpierung der sicherheitsrelevanten Steuerungsfunktionen (Cybersicherheit). Des Weiteren werden Anforderungen, beispielweise im Hinblick auf Prüfpflichten, beim Einsatz von maschinellem Lernen in Sicherheitsfunktionen gestellt. Auch der zukünftig zu erwartende vermehrte Einsatz von autonomen Maschinen findet in der neuen Maschinenverordnung seinen Niederschlag, indem hierzu Anforderungen gestellt werden.

Konformität

Die Maschinenverordnung führt Produkte von denen besondere Risiken ausgehen, in einem eigenen Anhang auf (Anhang I)
diese, umgangssprachlich „Hochrisikomaschinen“, genannten Produkte werden wiederum unterteilt in Maschinen nach Anhang I Teil A und Teil B. 
Bei Maschinen nach Teil A ist eine unabhängige Prüfung (EG-Baumusterprüfung, Verfahren der umfassenden Qualitätssicherung oder neu die Einzelprüfung) vor dem Inverkehrbringen erforderlich. Dort sind neu beispielsweise Systeme genannt, deren Sicherheit auf Ansätzen von künstlicher Intelligenz basiert. 
Bei Maschinen nach Teil B nur dann, wenn nicht vollständig nach einer harmonisierten Norm konstruiert und gebaut wird. Unter Teil B fällt die Mehrzahl der in Anhang IV der bisherigen Maschinenrichtlinie aufgeführten Maschinenkategorien, wie beispielsweise Pressen mit Handeinlegung.

Die Baumusterprüfbescheinigungen bleiben bis zu dem auf der Bescheinigung angegebenen Enddatum gültig. Es ist somit zum Stichtag nicht sofort eine Neuzertifizierung erforderlich. Voraussetzung ist, dass die technischen Anforderungen aus der Maschinenverordnung eingehalten werden. 

  1. Grundsätzlich ist dies nicht möglich, da es sich um eine Stichtagsregelung handelt. Allerdings kann sich der Hersteller in einer einzigen Konformitätserklärung auf beide Rechtsvorschriften beziehen und deren jeweilige Anwendungszeiträume angeben. Dies gilt allerdings nur, wenn die Produkte die Anforderungen sowohl der Maschinenrichtlinie als auch der Maschinenverordnung erfüllen. 


Beispiel: „Der Gegenstand der oben beschriebenen Erklärung erfüllt die anwendbare Harmonisierungsrechtsvorschrift der Union: Richtlinie 2006/42/EG (bis 19. Januar 2027) und Verordnung (EU) 2023/1230 (ab dem 20. Januar 2027).“
 

Nein, eine neue Konformitätserklärung nach Maschinenverordnung ist lediglich dann erforderlich, wenn die Bestandsmaschine gegenüber ihrem Ursprungszustand „wesentlich verändert“ wird. 

Unterlagen

Ab dem Anwendungsbeginn der Maschinenverordnung (20. Januar 2027) dürfen die o.g. Unterlagen auch in ausschließlich digitaler Form, also papierlos, bereitgestellt werden.(Hinweis: Im April 2024 ist der neue Leitfaden Edition 2.3 der EU-Kommission zur Maschinenrichtlinie 2006/42/EG erschienen. Demnach dürfen im Vorausblick auf die Regelungen der Maschinenverordnung die o.g. Unterlagen bereits heute in digitaler Form bereitgestellt werden. Dies setzt aber die Beachtung der damit verbundenen Verpflichtungen nach Maschinenverordnung voraus.) Allerdings legt die Maschinenverordnung einige Grenzen fest. So ist es zum Bespiel erforderlich, dass die digitalen Unterlagen online für die voraussichtliche Lebensdauer der Maschine, mindestens aber 10 Jahre, verfügbar bleiben. Verlangt der Käufer zum Zeitpunkt des Kaufs eine Papierversion, so ist ihm diese innerhalb eines Monats zur Verfügung zu stellen. Ferner sind bei Maschinen für „nichtprofessionelle Nutzer“ mindestens die Sicherheitsinformationen in Papierform bereitzustellen.
 

Unter „nichtprofessionellem Nutzer“ versteht man den „Verbraucher“ bzw. den „privaten Konsumenten“. Nach §13 BGB ist der „Verbraucher“ „jede natürliche Peron, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.“
In vielen Fällen betrifft dies die Verwendung typischer „Baumarktmaschinen“.

Nein, die Unterlagen müssen für die voraussichtliche Lebensdauer der Maschine mindestens aber 10 Jahre online zugänglich sein. 

Sonstiges

Der Begriff der „wesentlichen Veränderung“ wird mit der Maschinenverordnung erstmals im Rechtstext definiert. Die Definition lehnt sich weitgehend an das bislang schon bestehende Interpretationspapier des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales an. Eine wesentliche Veränderung kann sowohl physisch (Hardware) oder auch digital (Software) verursacht sein.
Wer eine wesentliche Veränderung an der Maschine vornimmt, wird zum Hersteller und unterliegt den in der Maschinenverordnung genannten Pflichten des Herstellers.

Der Fachbereich Holz und Metall bietet zu einzelnen Aspekten der Cybersicherheit wertvolle Informationen in Form von FBHM-Aktuell Schriften. Hervorzuheben sind hier beispielsweise:

  • FBHM-Aktuell 102 „Safety und Security in der vernetzten Produktion“
  • FBHM-Aktuell 133 „Sichere Fernwartung von Maschinen“

Des Weiteren sind auch Normen zur Konkretisierung von Cybersicherheitsanforderungen bereits verfügbar oder zurzeit noch in der Erarbeitung. Hier sind insbesondere folgende Normen zu erwähnen:
DIN IEC/TR 63074: Aspekte zur Cybersicherheit in Verbindung mit der funktionalen Sicherheit von sicherheitsrelevanten Steuerungssystemen
EN 50742: Safety of machinery - protection against corruption
 

Ein Leitfaden ist in Planung und wird voraussichtlich noch vor Anwendungsbeginn der Maschinenverordnung veröffentlicht.

Die Normungsgremien sind aufgefordert, bis Ende des Jahres 2024 eine sogenannte GAP-Analyse durchzuführen. Hierbei sind bislang harmonisierte Normen daraufhin zu untersuchen, ob sie „Lücken“ in Bezug auf die Schutzziele der Maschinenverordnung enthalten. Bei Handlungsbedarf müssen die Normen bis zum Anwendungsbeginn der Maschinenverordnung angepasst werden. Alternativ muss in der Norm auf die nicht abgedeckten Schutzziele der Maschinenverordnung hingewiesen werden. Für diese Schutzziele besteht dann somit auch keine Vermutungswirkung.